80-jähriges Gedenken in Mülsen: Gedenkveranstaltung im ehemaligen KZ-Außenlager und Tafeleinweihungen

 

Am Sonntag, den 13. April, fand im Produktionssaal der Textilfabrik, dem ehemaligen KZ-Außenlager in Mülsen, eine bewegende Gedenkveranstaltung anlässlich der Räumung des Lagers vor 80 Jahren statt. Über 100 Besucherinnen und Besucher versammelten sich, um der Opfer des KZ-Außenlagers Mülsen St. Micheln zu gedenken und Einblicke in die historische Aufarbeitung zu erhalten.

 

Ein starkes Zeichen des Erinnerns

Die Veranstaltung begann mit einem musikalischen Beitrag der Klavierschülerin Leocadia Wenig von der Kreismusikschule Clara Wieck. Es folgten die Eröffnungsworte von Annemarie Kelpe sowie ein Grußwort des Bürgermeisters Michael Franke. Der Verein für Ortsgeschichte und Brauchtumspflege Mülsen St. Micheln (VOB) leistete einen wichtigen Beitrag mit einem historischen Überblick über das KZ-Außenlager und die lokal verankerte Erinnerungsarbeit. Besonders berührend war der Beitrag von Andrzej Sobolewicz, Sohn von Tadeusz Sobolewicz, der über das Schicksal seines Vaters als Häftling des Lagers berichtete. Seine Worte wurden von Edyta Strake (Deutsch-Polnischer Verein Zwickau) ins Deutsche übersetzt. Einen weiteren musikalischen Akzent setzte Levi Büchholdt, ebenfalls Klavierschüler der Kreismusikschule, mit einem einfühlsamen Klavierstück.

 

Geschichte zum Anfassen

Ein wichtiger Beitrag war die Präsentation des Jugendgeschichtsprojekts „DenkMal!“. Die Projektgruppe präsentierte ihre Ergebnisse, darunter das Namensbuch aller in Mülsen inhaftierter Häftlinge sowie die Ausarbeitung von Einzelschicksalen ehemaliger Häftlinge. Johannes Brandt, Lehrer an der SIS Reinsdorf stellte außerdem die 3D-Modelle des Lagers vor, die im Rahmen eines Schulprojekts mit dem Fabmobil im Januar entstanden. Historiker Dr. Oliver Titzmann schloss einen Vortrag zum Todesmarsch der Mülsener Häftlinge an, der genau 80 Jahre zuvor begann. Sein Buch zum Todesmarsch war anschließend am Büchertisch erhältlich.

Auch digitale Angebote kamen zum Einsatz: Tablets mit den virtuellen Rundgängen des Schulprojekts durch das Lager und ein Video von Zeitzeugin Agnes Monreau machten Geschichte anschaulich und erlebbar. Ergänzt wurde das Programm durch eine Roll-Up-Ausstellung der Stationen des Todesmarschs sowie Informationsmaterialien zum Mitnehmen.

 

Und heute?

 

Die Abschlussrede warf einen eindringlichen Blick auf die Gegenwart: Auch 80 Jahre nach der Räumung des Lagers wirken die Folgen des NS-Terrors weiter – spürbar in den Biografien der Angehörigen, im kollektiven Schweigen ganzer Generationen. Gleichzeitig werden heute wieder Stimmen laut, die die Geschichte umdeuten wollen und demokratische Grundwerte infrage stellen. Die Gedenkarbeit wird zunehmend zur Zielscheibe. Gerade deshalb betonten die Veranstalter:innen die Bedeutung einer aktiven, kritischen und lebendigen Erinnerungskultur – als Schutzschild gegen das Vergessen, gegen Verharmlosung und für eine demokratische, menschenwürdige Zukunft. Gedenken darf keine leere Geste sein, sondern muss Haltung zeigen – heute mehr denn je.

 

Abschluss mit Informationstafeln

Im Anschluss an die Veranstaltung wurden drei neue Informationstafeln enthüllt – zuerst vor der Fabrik in Mülsen, anschließend in Ortsmannsdorf und Zschocken. Begleitet wurden die Einweihungen von kurzen Ansprachen, u. a. durch Bürgermeister Franke und Dr. Titzmann., sowie von musikalischen Beiträgen in Zschocken von Alexandra Vogel. 

 

Ein großes Dankeschön

 

Ein besonderer Dank gilt allen Beteiligten, darunter dem Heimatverein Mülsen St. Micheln, allen Projektbeteiligten von „DenkMal!“, den Musiker:innen der Kreismusikschule, dem Catering-Team Reichardt und der Firma Jahn Textil für die Unterstützung bei der Raumgestaltung. Ohne ihr Engagement wäre eine so stimmige und würdige Veranstaltung nicht möglich gewesen.

 

Fotos: C. Packert, Gemeinde Mülsen.