Am Nachmittag des 14. April 1945 forderte der Kommandoführer hier die schwachen und kranken Häftlinge auf, sich zu den gehunfähigen Gefangenen auf dem Sportplatz in Niederschlema zu begeben. Man werde sie hier zurücklassen und den bald auftauchenden Amerikanern überstellen. Die restlichen Gefangenen brachen Richtung Burkhardtsgrün auf.
Etwa 90 völlig entkräftete Männer blieben hier unter der Aufsicht des stellvertretenden Kommandoführers zurück.
Er hatte den Befehl erhalten, diese Männer zu töten, die Verbringung der Leichen zu organisieren und der Kolonne am nächsten Tag zu folgen. Nachdem die ersten etwa 15 Häftlinge am nahegelegenen Waldrand verbracht und dort erschossen wurden, weigerten sich die verbliebenen etwa 75 Gefangenen, auf das Fuhrwerk zu steigen. Sie wurden darauf an Ort und Stelle auf dem Sportplatz erschossen.
Am nächsten Morgen wurden die etwa 83 Leichen im Grubenbereich des Osterlammstollns von Mitgliedern des Volkssturms, sowjetischen Kriegsgefangenen aus Niederschlema und der örtlichen NSDAP-Führung notdürftig verscharrt. Vier oder fünf Häftlinge konnten in der Nacht aus dem Leichenberg herauskriechen. Einem gelang die Flucht, einer wurde aufgegriffen und getötet. Das Schicksal der anderen bleibt ungeklärt.
Diese Karte zeichnete Marian Jedrys, ein ehemaliger Häftling aus Mülsen. Er war mit auf dem Todesmarsch und sagte im Prozess 1947 gegen Georg Degner aus. In diesem Zusammenhang wurde auch diese Zeichnung vor Gericht vorgebracht. Jedrys zeichnete sie, um dem Gericht den Tathergang in Schlema zu beschreiben. Er selbst war bei der Massenerschießung nicht anwesend, sondern in der Kolonne, die weiterlief.
Eine besondere Geschichte ist die von Jerzy Cygowski. Er war Häftling in Mülsen und blieb mit auf dem Sportplatz in Niederschlema zurück. Allerdings gehörte er zu den ersten Häftlingen, die für die Ermordung in den Wald gefahren wurden. Unglaublicherweise überlebte er die Erschießung mit mehrfachen Einschüssen im Körper. Er überlebte auch die Nacht und kroch aus dem Wald heraus. Er landete im Garten eines ehemaligen Sozialdemokraten, der ihm zur Flucht verhalf.
Es gab auch weitere Häftlinge, die die Erschießung überlebten und schwer verwundet über Nacht aus dem Wald krochen. Ein unbekannter Häftling lag am nächsten Morgen im Garten eines anderen Schlemaer Bürgers. Dieser brachte den verletzten Häftling jedoch zu den lokalen NSDAP-Funktionären. Der Verwundete wurde am 15.04.1945 erschossen und gemeinsam mit den anderen Ermordeten im Osterlammstolln verscharrt. (Titzmann 2024)
Alle Zeugen im Prozess gegen Degner berichten von Jerzy Cygowskis Geschichte. Sie besuchten ihn nach Kriegsende im Zwickauer Krankenhaus. Er selbst trat nicht als Zeuge auf. Władysław Klak bedauert vor Gericht, dass Cygowski aufgrund der politischen Situation nicht selbst vor Gericht erscheinen kann - mit Cygowskis Aussage hätte der Fall Degner innerhalb von zwei Minuten geklärt sein können. (NARA, S. 86)
Jerzy Cygowski wurde am 07.08.1925 geboren und verstarb am 28.10.1978.
Ergänzend zu den sieben Informationstafeln haben wir im Jugendgeschichtsprojekt 2024-2025 eine weitere Tafel gestaltet. Der Ort, an dem ca. 80 Menschen erschossen wurden, ist heute eine eingezäunte Wiese, kein Zeichen erinnerte dort an den Massenmord. Das war unsere Motivation den Ort zu markieren und für die Öffentlichkeit als Tatort sichtbar zu machen. Die Tafel wurde ebenfalls im April 2025 eingeweiht.
Hier, am ehemaligen Sportplatz, wurden am 14. April 1945 etwa 78 KZ-Häftlinge ermordet. Der Kommandoführer des Todesmarsches, Georg Degner, hatte an der Einmündung dieses Wegs in die Alte Lößnitzer Straße, den gehunfähigen Häftlingen angeboten, hier zurückbleiben zu können, um den US-Amerikanern übergeben zu werden. Etwa 90 entkräftete Häftlinge ließen sich am hinteren Fußballtor (heute im Gelände rot hervorgehoben) auf dem Boden nieder. Degner marschierte mit der Hauptkolonne weiter.
Die ersten ca. 15 Häftlinge wurden mit Fuhrwerken in den Wald gefahren und dort erschossen. Die Häftlinge auf dem Sportplatz hörten die Schüsse und wollten nicht mehr auf die Wagen steigen. Sie wurden direkt auf dem Sportplatz, am hinteren Tor, ermordet. Sie mussten sich bäuchlings auf den Boden legen und ihre Decke über sich ziehen. Dann wurden die Häftlinge von den begleitenden Soldaten erschossen. Allen Gefangenen, die noch irgendein Lebenszeichen von sich gaben, schoss Degners Stellvertreter, Oberscharführer Dammast, ins Genick. Der Niederschlemaer Volkssturm stand dabei Wache. Am nächsten Tag wurden die Toten von Niederschlemaer Bürgern im Wald verscharrt. Dort erinnert heute das Mahnmal an das Massengrab. Die Kleidung und Decken der ermordeten Häftlinge wurden auf dem Sportplatz verbrannt. Noch Tage später konnte man die Blutspur der toten Häftlinge auf dem Kohlweg sehen.
An dieser heute so unscheinbaren Stelle geschah am 14. April 1945 dieses furchtbare Verbrechen, bei dem insgesamt 83 KZ-Häftlinge ihr Leben verloren haben. Ein Ort, der einst als Sportplatz diente und den Menschen Freude bringen sollte, wurde so zum Schauplatz der Ermordung unschuldiger Menschen.