Vortrag zu Todesmärschen aus Zwickau und Lengenfeld

Den Abschluss des Gedenktage bildete der Vortrag von Bettina Kaufmann zu weiteren Todesmärschen in der Region. Bürgermeister Ingo Seifert sprach ein bewegendes Grußwort, in welchem er vor den Gefahren des Totalitarismus warnte und die Bedeutung des Erinnerns und Gedenkens hervorhob.

Frau Kaufmann beleuchtete die enge Verknüpfung von Industriebetrieben mit dem KZ-System. Dabei wurden die Außenlager in Johanngeorgenstadt, Mülsen, Aue, Lengenfeld, Zwickau und Schönheide thematisiert. In diesen Außenlagern wurden KZ-Häftlinge zur Arbeit für die Rüstungsindustrie gezwungen, namentlich für die Unternehmen Erla Maschinenwerke (Johanngeorgenstadt, Mülsen), Auto-Union (Zwickau), R. Fues Berlin (Schönheide) und Junkers (Lengenfeld) und Osram (Plauen). Die wirtschaftliche Ausbeutung der Häftlinge und ihre unmenschlichen Lebensbedingungen wurden klar herausgestellt.

Mit dem Vorrücken der Alliierten im Frühjahr 1945 wurden die Lager geräumt, und tausende Häftlinge wurden auf sogenannte Todesmärsche gezwungen – quer durch das Erzgebirge Richtung heutiges Tschechien. Frau Kaufmann dokumentierte eindrücklich die Routen der Todesmärsche aus Zwickau und Lengenfeld, deren Wege sich kreuzten. Hinzu kamen weitere Häftlinge aus anderen Lagern, sodass sich eine Kolonne mit über 1500 Menschen durch die Dörfer bewegte. Etwas besonderes zeichnete diese Fusion verschiedener Todesmärsche aus: die Wachmannschaft aus Zwickau ging besonders brutal mit den Häftlingen um, sodass die Gefangenen aus Lengenfeld ihre Wachmannschaften dazu bringen konnte, die Routen der verschiedenen Außenlager wieder zu trennen. Besonders eindrucksvoll waren die Berichte der Überlebenden Paul Beschet und František Wretzl.

Abschließend warf Bettina Kaufmann einen Blick auf Erinnerungskultur und ihr Potenzial für die Arbeit mit Schülern und Schülerinnen. Frau Kaufmann erstellte bereits 2018 gemeinsam mit Schülern der Oberschule Bergstadt Schneeberg eine Broschüre zu den Todesmärschen in der Region. Auch heute als Rentnerin arbeitet sie archivpädagogisch mit Grundschülern und Grundschülerinnen. Ihr Appell lautet: lokale Geschichte und die alltagsnahen Artefakte mehr nutzen, um Kindern und Jugendlichen Geschichte greifbar zu machen.

Der Vortrag von Bettina Kaufmann war eine bewegende Auseinandersetzung mit einem dunklen Kapitel der Regionalgeschichte. Mit historischer Genauigkeit, emotionaler Tiefe und pädagogischem Feingefühl vermittelte sie eindrucksvoll, wie wichtig Erinnerungsarbeit für die Gegenwart ist – besonders in einer Zeit, in der historische Verantwortung zunehmend gefragt ist.

Zeichnung Vince Pohlmann - ehemaliger Schüler von Bettina Kaufmann und Mitautor der Broschüre "Vergesst uns nicht" (2018)
Zeichnung Vince Pohlmann - ehemaliger Schüler von Bettina Kaufmann und Mitautor der Broschüre "Vergesst uns nicht" (2018)